1 Einleitung

Am 5. Nov 2024 hat die Bürstädter Klimachutz-Beauftragte eine erste CO2-Bilanz für die Stadt Bürstadt mit ihren Bewohnerinnen und Bewohnern veröffentlicht:

CO2-Bilanz Bürstadt

Damit ist es erstmalig möglich, eine Berechnung der nach dem Klimaschutz-Abkommen von Paris 2015 und der Betrachtung des Bundesverfassungsgerichts ethisch und rechtlich noch zulässigen CO2 Emissionen Bürstadts vorzunehmen.

2 Bilanzwerte

Leider ist die Bilanz bislang nur als niedrig aufgelöste unscharfe PDF-Grafik veröffentlicht. Daher rechnen wir erst mal die Pixel-Werte aus der Grafik in Tonnen CO2 um:

co2_max <- 150 * 1000;
px_max <- 462;

# Jahr
t <- c(2017, 2018, 2019, 2020, 2021, 2022)

# Pixel
px <- c(404,  414,  404,  395,  402,  399);

# Tonnen CO2
co2 <- px/px_max * co2_max;

d <- data.frame(t, co2)
knitr::kable(d);
t co2
2017 131168.8
2018 134415.6
2019 131168.8
2020 128246.8
2021 130519.5
2022 129545.5
barplot(co2/1000~t, data=d, xlab="Jahr",
        col=rep('blue',6),
        main="CO2-Emissionen gesamt (1000t CO2eq)");

Mittlere jährliche Reduktion der CO2-Emissionen in Prozent pro Jahr:

percent_per_year <- coef(lm(co2/mean(co2)~t, d)) [2]*100
percent_per_year
##          t 
## -0.4962779

Jahre, bis Bürstadt bei dieser Geschwindigkeit der Reduktion CO2-Neutral sein wird:

100 / -percent_per_year
##     t 
## 201.5

3 BISKO-Bilanz

Es fällt auf, dass die von Bürstadt veröffentlichte Bilanz lediglich CO2-Emissionen aus Energieträgern enthält und keine Werte für Landwirtschaft, Zement, Dünger, Gase aus der Kläranlage usw.

Vermutlich handelt es sich um eine BISKO-Bilanz wie sie bei Kommunen verbreitet eingesetzt wird.

Nach Schätzungen des Umweltbundesamtes kann eine BISKO-Bilanz durch diese Einschränkung durchaus um 2-20 Prozent zu niedrig ausfallen. Die hohen Ungenauigkeit treten dabei bei ländlichen Kommunen auf. Da Bürstadt von trockengelegten Mooren und Landwirtschaft umgeben ist, dürften wir weit über den 2 Prozent liegen. Wir benutzen daher hier einen Wert von 5 Prozent, das ist unbefriedigend aber besser als keine Berücksichtigung.

bisko <- 1.05;
co2 <- co2 * bisko;

d <- data.frame(t, co2);
knitr::kable(d);
t co2
2017 137727.3
2018 141136.4
2019 137727.3
2020 134659.1
2021 137045.5
2022 136022.7

4 Paris-kompatible Reduktion

Für die Berechnung des Paris-kompatiblen Bürstädter CO2-Budgets benutzen wir die Methode, die der Sachverständigenrat der Bundesregierung SRU in seinem Sachstandsbericht 2020 auf Seite 52 verwendet hat. Dieser Bericht liegt auch dem Klimaschutz-Urteil des Bundesverfassungsgerichts zugrunde.

Eine ähnliche Berechnung hat der Klimawissenschaftler Stefan Rahmstorf 2019 als “Wie viel CO2 kann Deutschland noch ausstoßen?” dokumentiert.

  1. Globales CO 2 -Budget ab 2018 mit einer 67 prozentigen Wahrscheinlichkeit, deutlich unter 2 °C (1,75 °C) zu bleiben: 800 Gt CO 2 (IPCC 2018b).

  2. Berechnung des globalen CO 2 -Budgets ab 2016 durch Addition der CO 2 -Emissionswerte 2016, die 41 Gt CO 2 betrugen (FRIEDLINGSTEIN et al. 2019): 800 Gt CO 2 + (2 × 41 Gt CO 2 ) = 882 Gt CO 2 .

  3. Berechnung des Paris-kompatiblen CO2 -Budgets für Bürstadt gemäß unserem Anteil an der Weltbevölkerung von derzeit:

# Anzahl Bürger*innen Bürstadt
our_citizens <- 16980

# Anzahl Weltbevölkerung
world_citizens <- 8.235E9

# Verbleibendes Rest-Budget Tonnen
world_budget_2016 <- 882E9

# Verbleibendes Budget Bürstadt (2016) t
our_budget_2016 <- world_budget_2016 * our_citizens / world_citizens;
our_budget_2016;
## [1] 1818623

Für 2016 liegt keine CO2-Bilanz für Bürstadt vor. Wir gehen davon aus, dass die Bilanzzahl für 2016 so hoch war wie 2017 + das jährliche Gefälle von 0,5 Prozent:

4.2 Bei linearer Reduktion

Bei linearer Reduktion ist die verbleibende Zeit eine Seite eines Dreiecks mit dem Restbudget als Fläche und den aktuellen Emissionen als andere Seite:

trend$year[9];
## [1] 2025
trend$remaining_budget[9];
## [1] 585868.6
trend$emissions[9];
## [1] 133997.6
remaining_years <- 2 * trend$remaining_budget[9] / trend$emissions[9];
remaining_years;
## [1] 8.744465
end_year <- trend$year[9] + remaining_years;
end_year;
## [1] 2033.744

Demnach müsste Bürstadt jedes Jahr mehr als 10 Prozent CO2- Emissionen einsparen (!), um im Jahr 2033 klimaneutral zu werden.

Dieser Wert ist sogar noch schlechter als der Wert 2038 aus dem SRU-Gutachten, weil in den Jahren seit dem Gutachten praktisch keine Emissionen eingespart wurden.

nyears <- 9+8;
emissions <- array(dim=nyears);
remaining_budget <- array(dim=nyears);
remaining_budget[1] <- our_budget_2017;
i <- 1;
while (i < length(co2))
{
  remaining_budget[i+1] <- remaining_budget[i] - co2[i];
  emissions[i] <- co2[i];
  i <- i + 1;
}

reduction_per_year <- emissions[i-1]/remaining_years;

while (i < 9)
{
  emissions[i] <- trend$emissions[i];
  remaining_budget[i+1] <- remaining_budget[i] - emissions[i];

  i <- i + 1;
}

while (i < nyears)
{
  emissions[i] <- emissions[i-1] - reduction_per_year;
  if (emissions[i] < 0)
  {
      emissions[i] <-0;
  }
     
  remaining_budget[i+1] <- remaining_budget[i] - emissions[i];
  if (remaining_budget[i+1] < 0)
  {
      remaining_budget[i+1] <- 0;
      emissions[i] <- remaining_budget[i];
  }
  i <- i + 1;
}

emissions[i] <- 0;

year <- 2017:(2017+nyears-1)
linear <- data.frame(year, remaining_budget, emissions);
knitr::kable(linear);
year remaining_budget emissions
2017 1680207.04 137727.273
2018 1542479.77 141136.364
2019 1401343.41 137727.273
2020 1263616.13 134659.091
2021 1128957.04 137045.455
2022 991911.59 136022.727
2023 855888.86 135347.677
2024 720541.18 134672.626
2025 585868.56 119000.374
2026 466868.18 103328.123
2027 363540.06 87655.872
2028 275884.19 71983.620
2029 203900.57 56311.369
2030 147589.20 40639.118
2031 106950.08 24966.866
2032 81983.21 9294.615
2033 72688.60 0.000
barplot(emissions/1000~year, data=linear, xlab="Jahr",
        col=c(rep('blue',6),rep('orange',2),rep('red',nyears-8)),
        main="CO2-Emissionen lineare Reduktion (1000t CO2eq)");

5 Fazit

Die letzten Jahre, in denen eine katastrophale Klimaveränderung mit unabsehbaren Folgen noch aufgehalten werden könnte sind voraussichtlich ebenfalls nicht erfolgreich.

Es wäre nun notwendig, Maßnahmen von ungeheuerlicher Intensität zu ergreifen, um eine dystopische Entwicklung noch zu verhindern. Dafür ist die Weltgemeinschaft politisch noch weniger vorbereitet als 2019.

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